Schwächung
Was versteht man unter dem Begriff Schwächung im Zusammenhang mit Strahlung, die von radioaktiven Nukliden ausgesandt wird? Hierfür müssen wir zunächst ein paar generelle Überlegungen anstellen.
Sehen wir uns zunächst einmal das nachfolgende Bild an.
Schematische Darstellung der Schwächung für drei Arten von Strahlung durch verschiedene Materialien (aus: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Alfa_beta_gamma_radiation_penetration_DE.svg).
Es zeigt schematisch für drei verschiedene Arten von Strahlung (Alpha- (α), Beta- (β) und Gamma- (γ) Strahlung), wie diese abgeschwächt werden, wenn sie in unterschiedliche Materialien eindringen.
Im Zusammenhang mit dem segmentierten Gamma-Scanning interessiert uns hier nur das Verhalten der Gamma-Strahlung. Der Schemazeichnung können wir entnehmen, dass Gamma-Strahlung „leichte“ Materialien relativ unverändert durchdringen kann, d. h. die „Menge“ der Gamma-Strahlung vor und nach dem Material bleibt ungefähr gleich. „Leichte“ Materialien sind beispielsweise Papier oder Aluminium, also Materialien geringer Dichte. Bei „schweren“ Materialien, wie beispielsweise Eisen oder Blei (Materialien großer Dichte), ändert sich dieses Verhalten. Hier ist die „Menge“ der Gamma-Strahlung nach dem Material geringer.
Diese Abnahme der „Menge“ an Gamma-Strahlung beim Durchgang durch ein Material wird als Schwächung der Gamma-Strahlung bezeichnet.
Allerdings haben wir in diesen Überlegungen die Dicke des Materials noch nicht berücksichtigt! Je dicker ein Material ist, desto stärker ist dessen schwächende Wirkung.
Wir haben also zwei Effekte, welche die Schwächung von Gamma-Strahlung bestimmen:
- die Dichte des Materials und
- die Dicke des Materials.
Beides zusammen legt fest, wieviel Gamma-Strahlung am anderen Ende wieder herauskommt.
Alles klar? Dann können Sie jetzt nachfolgende Aufgabe ganz locker beantworten. Sehen Sie sich hierzu auch nachfolgendes Foto an.
Foto einer einfachen Messanordnung zur Messung von Gamma-Strahlung. Links: Detektor; Mitte: 2 cm dicke Kunststoffplatte; Rechts: durchsichtiger Behälter mit Rückständen aus einer Verbrennung von radioaktivem Abfall.
Aufgabe:
Sehr gut! Ihre Antwort ist richtig!
Lassen Sie uns jetzt Ihr bisheriges Wissen anwenden:
Stellen wir uns hierzu einen Behälter vor, beispielsweise eines dieser gelben Fässer. Dieses sei vollständig mit Zement befüllt. Ein Beispiel hierfür - wenn auch als Behälter in grauer Farbe - zeigt nachfolgendes Foto. Das mit Zement gefüllte Kalibrierfass enthält 13 vertikale Rohre zur Aufnahme von radioaktiven Strahlern (=radioaktive Quellen) zur Kalibration von Messsystemen.

200 L Kalibierfass mit einer Zementmatrix. In die Zementmatrix sind 13 vertikale Rohre eingebracht, die zur Aufnahme von radioaktiven Kalibrationsquellen dienen.
Anmerkung:
Oftmals werden radioaktive Stoffe in Zement eingerührt, damit sie in einer festen Umgebung (=Zementmatrix) gebunden sind.
Jetzt können wir uns die Frage stellen, ob und wie sich die gemessenen Impulse für die charakteristischen Linien eines punktförmigen Radionuklids (bei gleich langer Messzeit) unterscheiden, wenn das das Radionuklid sich …
- Fall 1: … unmittelbar an der Behälterwand vor dem Detektor,
- Fall 2: … in dem vertikalen Rohr in der Zementmatrix, das dem Detektor am nächsten liegt, oder
- Fall 3: … in dem vertikalen Rohr in der Mitte des Fasses befindet?
Die Beantwortung dieser Frage führt uns direkt zum Begriff der Schwächung.

Als punktförmige Radionuklide werden solche bezeichnet, deren Form sehr kleine Abmessungen haben. Beispielsweise kann es sich um Kugeln von wenigen Millimetern Durchmesser handeln.
Betrachten wir
Fall 1:
Zwischen dem Radionuklid und dem Detektor ist nur Luft. Dessen schwächende Eigenschaften auf die Gamma-Strahlung vernachlässigen wir hier, da es sich um ein sehr leichtes Material handelt, welches Gamma-Strahlung nahezu ungestört durchdringen kann. Alle Gamma-Strahlen, die vom Radionuklid in Richtung Detektor ausgesandt werden, erreichen den Detektor.
Hinweis: In allen Animationen auf dieser Seite werden Gamma-Strahlen, die nicht in Richtung Detektor vom Radionuklid ausgesandt werden, nicht angezeigt!
Die Gamma-Strahlung muss auf ihrem Weg vom Radionuklid zum Detektor zuerst ein kleines Stück Zement und dann noch die Behälterwand durchdringen. Den anschließenden Weg durch Luft vernachlässigen wir wieder. Sowohl im Zement, als auch in der Behälterwand (in der Regel Stahl) wird die Gamma-Strahlung geschwächet. Dies bedeutet, dass nur ein Teil der in Richtung des Detektors „fliegenden“ Gamma-Strahlung dort auch ankommt. Wenn Sie genau hinsehen, dann fällt Ihnen vielleicht auf, dass nicht alle Gamma-Strahlen den Detektor erreichen, sondern einige vorher im Zement "stecken" bleiben.
Damit sollte jetzt klar sein, was in Fall 3 passiert.
Überlegen Sie doch einmal selber, bevor sie weiterlesen.
Der Anteil der im Detektor registrierten Gamma-Strahlung ist noch geringer als in Fall 2, da diese einen weiteren Weg durch den Zement zurücklegen müssen. Die Gamma-Strahlung wird folglich noch mehr geschwächt bevor sie im Detektor ankommt. Dies erkennen Sie in der Animation auch an der gegenüber Fall 2 geringeren Anzahl an Gamma-Strahlen, die den Detekotr erreichen.
Bei gleicher Stärke (Aktivität) des Radionuklids und gleichen Messzeiten werden sich die Peaks in den drei Spektren somit (deutlich) unterscheiden, d. h unterschiedlich hoch sein.
Aufgabe:
Betrachten wir nun einen vierten Fall (Fall 4), bei der sich das Radionuklid in der „hintersten“ vertikalen Röhre in der Zementmatrix befindet.
Richtig!
Nachdem Sie jetzt wissen, wie sich der Effekt der Schwächung auf die Höhen der Peaks auswirkt, können wir zum nächsten Begriff übergehen:
Da wir für die Berechnung der Aktivitäten die Peakflächen verwenden, müssen wir folglich wissen, wo sich die Radionuklide befinden;
- nahe des inneren Randes des Behälters (Fall 2 oder Fall 4),
- in der Mitte (Fall 3) oder
- irgendwo dazwischen.
Außerdem müssen wir wissen, ob es sich tatsächlich um
- punktförmige Radionuklide oder um
- ausgedehnte Bereiche
mit radioaktiven Stoffen handelt.
Anmerkung:
Wir sind hier einfach über das Thema Peakflächen hinweggegangen ohne es näher zu betrachten. Wie aus den gezeigten Spektren ersichtlich, haben die Peaks eine gewisse Breite, d. h. sie stellen keine „Linien“ dar. Für das weitere Verständnis ist einzig nötig zu wissen, dass aus den Peakflächen auf die entsprechenden Aktivitäten geschlossen werden kann.
Sie haben jetzt also gelernt, dass es für eine Gamma-Messung einen Unterschied macht, wo im Behälter sich das radioaktive Material befindet.
In der Praxis haben Sie auf dessen Positionen natürlich keinen Einfluss! Aber Sie können den Detektor an unterschiedlichen Positionen um den Behälter positionieren. Und dann bekommen Sie abhängig von der jeweiligen Position des radioaktiven Materials unterschiedlich hohe Peaks.
Und das führt uns zum zweiten, noch fehlenden Begriff, die Segmentierung.