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Segmentiertes Gamma-Scanning

6 Messunsicherheiten

Ein wichtiges und oftmals vernachlässigtes Thema bei der Durchführung und Auswertung segmentierter Gamma-Scan-Messungen ist die Bestimmung der Messunsicherheiten, auf das wir jetzt speziell unter dem Gesichtspunkt der praktischen Anwendung eingehen wollen. Details zu diesem sehr, sehr komplexen Thema können bei Interesse in den Abschnitten Normen – DIN ISO 11929 in Kürze oder Anwendungsbeispiele: Messunsicherheit in offener Geometrie nachgelesen werden.

In der Praxis wurden in der Vergangenheit für die Bestimmung der Unsicherheit ΔA für eine Aktivitäten A oftmals nur die Unsicherheiten der Nettopeakflächen nnetto der jeweiligen charakteristischen Linie berücksichtigt. Dies führte in der Regel zu Unsicherheiten, die im niedrigen einstelligen Prozentbereich oder darunter lagen. Dieser Ansatz vernachlässigte vollständig die Unsicherheit über den Inhalt des untersuchten Behälters.

Fragen wie

  • ist die Matrix homogen?
  • ist der Behälter bis oben befüllt?
  • kann die Matrix durch eine mittlere Dichte genau genug charakterisiert werden?
  • sind Innenbehälter und/oder Abschirmbehälter enthalten?
  • ist die Aktivität der verschiedenen Radionuklide homogen verteilt oder gibt es lokale „hot spots“?
  • wurden alle Bereiche des Behälters in der segmentierten Gamma-Scan-Messung erfasst oder gab es „Lücken“?
  • etc.,

deren Anzahl sich nahezu beliebig erweitern lässt, verdeutlichen, dass es sehr viele Beiträge gibt, die Einfluss auf die Berechnung der Aktivitäten auf der Basis von segmentierten Gamma-Scan-Messungen haben und die mit zum Teil erheblichen Unsicherheiten verknüpft sind.

Ein weiterer Aspekt ist das zur Berechnung der Aktivitäten eingesetzte Auswertemodell. Diese Modelle basieren immer auf bestimmten Annahmen. Sind diese nicht oder nur teilweise erfüllt, hat dies ebenfalls einen (zum Teil erheblichen) Einfluss auf die bestimmten Aktivitäten und deren Unsicherheiten.

Was bedeutet das für die Praxis und die Bestimmung der Unsicherheiten?

Die zentrale Aufgabe besteht in dem Zusammentragen und Auswerten aller verfügbaren Informationen über den Behälter und dessen zu charkterisierenden Inhalt. Basierend auf diesen Informationen kann dann ein für die Messaufgabe geeigneter Scan-Modus ausgewählt und (damit) auch das zu verwendende Auswertemodell festgelegt werden.

Ausgehend von der Annahme, dass die Annahmen für das gewählte Auswertemodell (weitestgehend) erfüllt sind, erstellt man am besten eine Tabelle mit allen in der Modellbeschreibung verwendeten Parametern (Beachte: diese können energieabhängig sein, d. h. müssen für alle Energiewerte der ermittelten charakteristischen Linien angegeben werden!). Hängen einzelne Parameter von weiteren Parametern ab, dann sind auch diese zu erfassen. Für jeden Parameter sind dann die Unsicherheiten zu ermitteln.

Für die quantitative Bestimmung der Unsicherheiten der verschiedenen Parameter können verschiedene Quellen genutzt werden:

  • wiederholte Messungen (ist normalerweise in der Praxis aus zeitlichen Gründen nicht paktikabel, da die zur Verfügung stehende Zeit bevorzugt in die Maximierung der Messzeit einer Messung investiert wird);
  • statistische Betrachtungen (z. B. kann in der Regel für zählende Messungen die Poisson-Statistik unterstellt werden, d. h. als Unsicherheit für die Nettopeakfläche \( n_{r,l} \) kann beispielsweise der Wert \(\sqrt{ n_{r,l}} \) angesetzt werden);
  • Angaben aus Kalibrierscheinen, Datenblättern, Zertifikaten etc. (z. B. über Messunsicherheit einer Wägeeinheit, Toleranzwerte bei Angaben zu Behälterdimensionen etc.)
  • Zusatzinformationen zu tabellierten Werten (z. B. sind für Emissionswahrscheinlichkeitenund Halbwertszeiten in den Tabellen i. d. R. auch die Unsicherheiten angegeben)
  • eigene (fundierte!) Abschätzungen und/oder Erfahrungswerte, gegebenenfalls unter Einbeziehung weiterer Messdaten (und deren Unsicherheiten)
  • Nutzung von Tools
  • etc.

Die jeweiligen Unsicherheiten gehören zur Auswertung und sind für eine spätere Nachverfolgung der Auswerteschritte zu dokumentieren.

Beachte:
Für die ermittelten Unsicherheiten müssen realistische Werte angegeben werden und keine im Sinne einer minimalen Gesamtunsicherheit zu kleinen Werte.

Beispiel für eine Parametertabelle

Die nachfolgende Tabelle wurde für das Auswertemodell nach Filß für eine Messung in offener Geometrie erstellt (siehe Anwendungsbeispiele: Messunsicherheit in offener Geometrie)
In die Spalte xi sind die Parameterwerte und in die Spalte u(xi) die zugehörigen Unsicherheiten einzutragen sowie in der Spalte Typ die Information über den Typ der Messunsicherheit. Die relative Messunsicherheit urel(xi) kann (automatisch) aus dem jeweiligen Parameterwert und der zugehörigen Unsicherheit berechnet werden (\( u_{rel}(x_i) = \frac{u_i}{x_i} \)).

Typ der Messunsicherheit:
Typ A: Ermittlung aus der statistischen Analyse mehrerer statistisch unabhängiger Messwerte aus einer Messwiederholung.
Typ B: Ermittlung ohne statistische Methoden, beispielsweise durch Entnahme der Werte aus einem Kalibrierschein, aus der Genauigkeitsklasse eines Messgeräts oder aufgrund persönlicher Erfahrungen und vorangegangener Messungen.

(aus https://de.wikipedia.org/wiki/Messunsicherheit)

 

GrößeSymbol\[ x_i \]\[ u(x_i) \]EinheitTyp\[ u_{rel}(x_i) \]
Messzeit (live) \[ t_p \]     \[ s \]    
Bruttopeakfläche \[ n_g \]     \[ 1 \] A  
Peakuntergrund \[ n_{r,l} \]     \[ 1 \] A  
Abstand \[ S \]     \[ cm \] A  
intrinsische Detektoreffizienz \[ \epsilon \]     \[ 1 \] A / B  
Emissionswahrscheinlichkeit \[ \eta \]     \[ 1 \] B  
Nettomasse \[ M \]     \[ g \] A / B  
Höhe der aktiven Matrix \[ h \]     \[ cm \] A  
Radius der aktiven Matrix \[ r \]     \[ cm \] A / B  
linearer Schwächungskoeffizient der aktiven Matrix \[ \mu_{matrix} \]     \[ cm^{-1} \] B  
Dichte der aktiven Matrix \[ \rho_{matrix} \]     \[ g \cdot cm^{-3} \] A  
Dicke der ersten Wandschicht \[ d_1 \]     \[ cm \] A / B  
linearer Schwächungskoeffizient der ersten Wandschicht \[ \mu_1 \]     \[ cm^{-1} \] B  
Dicke der zweiten Wandschicht \[ d_2 \]     \[ cm \] A / B  
linearer Schwächungskoeffizient der zweiten Wandschicht \[ \mu_2 \]     \[ cm^{-1} \] B  
Korrekturfaktor aktive Matrix \[ K_1 \]     \[ 1 \] Tool  
Korrekturfaktor Wandschichten \[ K_2 \]     \[ 1 \] Tool  

Haben Sie alle Werte ermittelt, dann können Sie (beispielsweise gemäß DIN 11929) die charakteristischen Größen für die Auswertung Ihrer Messung berechnen: bester Schätzwert, Erkennungsgrenze, Nachweisgrenze, unterer und oberer Vertrauensbereich.

Da die Erstellung der entsprechenden Berechnungsformeln sehr komplex ist, haben wir diese für verschiedene Auswertemodelle bereits erstellt:

Auch für die Abschätzung der Unsicherheiten verschiedener Parameter stellen wir Ihnen verschiedene Tools zur Verfügung:

Haben Sie alle Daten ermittelt, dann können Sie das Tool für das entsprechende Auswertemodell nutzen und sich für eine Energie die charakteristischen Größen (bester Schätzwert, Erkennungsgrenze, Nachweisgrenze, unterer und oberer Vertrauensbereich) berechnen lassen. Sie können die Tools auch nutzen, um für vorgegebene Parameter und Unsicherheiten die Eignung eines Messverfahrens für den Anwendungsfall zu prüfen.