50 Messmodi
Der mechanische Aufbau eines segmentierten Gamma-Scanner besteht unter anderem aus einer oder mehreren Achsen zur Manipulation der Positionen zwischen Behälter und Detektor. Ein derartiges System wird auch als Probenmanipulator bezeichnet. Abhängig von der Art der Achsen sind Drehbewegungen oder Linearverschiebungen von Behälter und/oder Detektor möglich. Diese hängen unter anderem von der verbauten Achsensteuerung und der Steuer- und Bediensoftware ab. Die in der Praxis am häufigsten eingesetzten Messabläufe (auch Scan-Modi genannt) sind nachfolgend näher beschrieben und durch Anwendungsbeispiele vertieft.
Das Grundprinzip einer segmentierten Gamma-Scan-Messung besteht in der Unterteilung des Messvorgangs in eine Anzahl aufeinanderfolgender Einzelmessungen für jeweils unterschiedliche Positionen des Detektors zum Behälter. Diese Messungen - das sogenannte Scanning - können durch eine schrittweise oder kontinuierliche Bewegung der entsprechenden Achse(n) erfolgen. Bei kontinuierlicher Messung agiert in der Regel eine Achse als Masterachse, während deren (kontinuierlicher) Bewegung die Messdaten aufgenommen werden. Die anderen Achsen werden nur zum Anfahren der Startposition für die nächste kontinuierliche Messung verwendet. Während diesen Bewegungen findet keine Messdatenaufnahme statt.
In einer segmentierten Gamma-Scan-Messung ist jede Bewegung in eine Anzahl an Intervallen oder Positionen unterteilt. Für die Beschreibung der Anzahl an Intervallen oder Positionen der verschiedenen Achsenbewegungen bzw. ihren Positionen wurden spezielle Bezeichnungen eingeführt, die auch international Anwendung finden (siehe z. B. Synopsis of Gamma Scanning Systems oder der daraus hervorgegangenen SN EN ISO 19017:2018-03.
Sektoren | Anzahl an Intervallen bzw. Positionen einer Drehung |
Segmente | Anzahl an Intervallen bzw. Positionen einer vertikalen Translationsbewegung |
Schritte | Anzahl an Intervallen bzw. Positionen einer horizontalen Translations- oder Schwenkbewegung |
Die nachfolgend beschriebenen Scan-Modi beziehen sich auf ein Messsystem bestehend aus einem Drehteller, auf dem sich der Behälter befindet, und einem (kollimierten) Detektorsystem, das vertikal und horizontal verfahren bzw. horizontal geschwenkt werden kann. Messsysteme mit davon abweichenden Aufbauten können meist leicht in die hier beschriebenen Anordnungen transferiert werden.
Punktmessung
Der Detektor und der Behälter befinden sich in einer festen Position. Es erfolgt außer dem Anfahren der Messposition keine weitere Bewegung einer Achse. Abhängig vom Öffnungswinkel des verwendeten Kollimators und der Höhenposition hmeas des Detektors „sieht“ dieser bei einem gegebenen Abstand zum Behälter entweder den gesamten Behälter oder aber nur einen Teilbereich des Behälters. Erstere Anordnung wird als offene Geometrie, letztere als kollimierte Geometrie bezeichnet.
Dieser Scanmodus wird für Detailstudien verwendet, wie beispielsweise der Untersuchung von lokalen Aktivitätszentren, den sogenannten Hot Spots, oder wenn a priori bekannt ist, dass der Inhalt des Behälters nahezu homogen ist (dies betrifft sowohl die Matrix als auch die Verteilung der Aktivitäten!).
Sektoren | 1 |
Segmente | 1 |
Schritte | 1 |
Spektren | 1 |
Scheiben-Scan
Der (kollimierte) Detektor befindet sich in einer festen Höhenposition hmeas und ist auf die Drehachse hin ausgerichtet. Der Behälter dreht sich mit einer konstanten Geschwindigkeit um 360° oder um Vielfache davon. Jede vollständige Drehung wird in N Sektoren gleicher Länge unterteilt. Für jeden einzelnen Sektor wird ein vollständiges Gamma-Spektrum gemessen und gespeichert.
Abhängig vom Öffnungswinkel des Kollimators und der Position des Detektors zum Behälter (d. h. der Höhenposition hmeas und dem Abstand S) "sieht" der Detektor während der Drehung den gesamten Behälter oder nur einen Ausschnitt davon.
Dieser Scanmodus kann zur Charakterisierung von homogen befüllten Behältern oder für weitergehende Untersuchungen, wie beispielsweise von “Hot Spots“, eingesetzt werden. Die Drehung des Behälters gleicht radiale und winkelabhängige Inhomogenitäten der Verteilungen aus.
Ist der Inhalt des Behälters mit radioaktivem Abfall innerhalb einzelner (bekannter) Segmente homogen, dann können Scheibenscanmessungen für diese Segmente durch Wahl geeigneter Kollimatoröffnungswinkel und/oder Abstände des kollimierten Detektors vom Behälter durchgeführt werden. Durch Kombination der Ergebnisse für die einzelnen Segmente kann der Behälter charakterisiert werden. Bei diesen Begebenheiten spricht man auch von einem quasi-homogenen Abfallgebinde.
Sektoren | N |
Segmente | 1 |
Schritte | 1 |
Spektren | N |
vertikaler Translations-Scan
Der Behälter bewegt sich nicht, der Detektor führt eine vertikale Hubbewegung von der Startposition hstart bis zur Endposition hstop aus. Die Bewegung ist in M Segmente unterteilt. Für jedes einzelne Segment wird ein vollständiges Gamma-Spektrum gemessen und gespeichert.
Abhängig vom Öffnungswinkel des Kollimators und der Position des Detektors zum Abfallgebinde "sieht" der Detektor während der Hubbewegung den gesamten Behälter oder nur einen Ausschnitt davon.
Dieser Scanmodus kann für weitergehende Untersuchungen, wie beispielsweise lokaler Aktivitätsverteilungen, oder bei a priori Kenntnis über segmentweise homogene Abschnitte eingesetzt werden. Die Hubbewegung des Detektors kann höhenabhängige Inhomogenitäten, aber keine radialen oder winkelabhängigen Inhomogenitäten auflösen.
Sektoren | 1 |
Segmente | M |
Schritte | 1 |
Spektren | M |
horizontaler Translations-Scan
Der Behälter bewegt sich nicht, der Detektor führt eine horizontale Translationsbewegung von der Startposition ystart bis zur Endposition ystop aus. Die Bewegung ist in K Schritte unterteilt. Für jeden einzelnen Schritt wird ein vollständiges Gamma-Spektrum gemessen und gespeichert.
Abhängig vom Öffnungswinkel des Kollimators und der Position des Detektors zum Behälter "sieht" der Detektor während der Translationsbewegung den gesamten oder nur einen Ausschnitt des Behälters.
Dieser Scanmodus kann für weitergehende Untersuchungen eingesetzt werden, wie beispielsweise lokaler Aktivitätsverteilungen.
Sektoren | 1 |
Segmente | 1 |
Schritte | K |
Spektren | K |
Schwenk-Scan
Der Behälter bewegt sich nicht, der Detektor führt eine horizontale Schwenkbewegung von der Startposition Φstart bis zur Endposition Φstop aus. Die Bewegung ist in K Schritte unterteilt. Für jeden einzelnen Schritt wird ein vollständiges Gamma-Spektrum gemessen und gespeichert.
Abhängig vom Öffnungswinkel des Kollimators und der Position des Detektors zum Behälter "sieht" der Detektor während der Schwenkbewegung den gesamten oder nur einen Ausschnitt des Behälters.
Dieser Scanmodus kann für weitergehende Untersuchungen eingesetzt werden, wie beispielsweise von lokalen Aktivitätsverteilungen.
Sektoren | 1 |
Segmente | 1 |
Schritte | K |
Spektren | K |
Spiral-Scan
Der Detektor führt eine vertikale Translationsbewegung von der Startposition hstart bis zur Endposition hstop aus. Gleichzeitig wird der Behälter mit einer konstanten Geschwindigkeit gedreht. Die Hubbewegung ist in M Segmente unterteilt. Der Behälter dreht sich in jedem Segment um jeweils 360°. Jede Drehung ist in N Sektoren unterteilt. Insgesamt werden M · N vollständige Gamma-Spektrum gemessen und gespeichert.
Bei geeigneter Wahl der Messparameter, d. h. des Öffnungswinkel des Kollimators und der Geschwindigkeiten der Hub- und Drehbewegungen etc. "sieht" der Detektor den gesamten Behälter.
Dieser Scanmodus kann für die Charakterisierung eines Abfallgebindes eingesetzt werden. Heutzutage wird er meist durch einen Vielfach-Scheiben-Scan ersetzt. Die Ergebnisse dieser beiden Verfahren sind prinzipiell analog.
Anmerkung:
Der Spiral-Scan war eines der ersten Messverfahren zur Charakterisierung von 200 L Fässern mit radioaktivem Inhalt. Als Antrieb wurde anfangs nur ein Motor eingesetzt, der die Dreh- und Hubachse über ein Verteilergetriebe fest miteinander koppelte (siehe z. B. P. Filß, Specific activity of large-volume sources determined by a collimated external gamma detector, Kerntechnik, vol. 54, no. 3, 1989, pp. 141-141).
Sektoren | N |
Segmente | M |
Schritte | 1 |
Spektren | M · N |
Vielfach-Scheiben-Scan
Der Behälter wird in M äquidistante Segmente unterteilt, beginnend mit der Startposition h1=hstart und endend bei der Endposition hM= hstop. Für jedes Segment hi wird der Behälter um 360° oder Vielfache hiervon gedreht. Jede Drehung ist in N Sektoren unterteilt. Für jeden einzelnen Sektor wird ein vollständiges Gamma-Spektrum gemessen und gespeichert.
Bei geeigneter Wahl der Messparameter, d. h. des Öffnungswinkels des Kollimators und der Anzahl der Hub- und Drehbewegungen etc. "sieht" der Detektor den gesamten Behälter.
Dieser Scanmodus kann für die Charakterisierung eines Behälters mit radioaktivem Inhalt eingesetzt werden. Aus den gemessenen (Einzel-)Spektren und dem Summenspektrum können die im Behälter enthaltenen Gamma-strahlenden Nuklide identifiziert und unter Verwendung einiger weiterer Informationen quantifiziert werden. Zusätzlich können die Nuklidverteilungen in Abhängigkeit von der Höhen- und Winkelposition erstellt und hieraus Informationen bezüglich Homogenität der Aktivitätsverteilung und/oder vorhandener „Hot Spots“ abgeleitet werden.
Sektoren | N |
Segmente | M |
Schritte | 1 |
Spektren | M · N |
Mäander-Scan
Der Mäander-Scan ist eine Kombination aus vertikalem und horizontalem Translations-Scan. Das Abfallgebinde bewegt sich nicht, der Detektor führt eine vertikale Hubbewegung von der Startposition hstart bis zur Endposition hstop aus. Nach dem Ende jeder Hubbewegung führt der Detektor eine kleine horizontale Translationsbewegung aus, erstmalig beginnend bei der Startposition y1=ystart, jeweils gefolgt von einer weiteren vertikalen Translationsbewegung in die andere Richtung. Die horizontale Verschiebung erfolgt K Mal, bis die Endposition yK=ystop erreicht und eine letztmalige vertikale Translation ausgeführt wurde. Insgesamt werden M · K vollständige Gamma-Spektrum gemessen und gespeichert.
Abhängig vom Öffnungswinkel des Kollimators und der Position des Detektors zum Behälter "sieht" der Detektor während der Translationsbewegungen den gesamten Behälter oder nur einen Ausschnitt davon.
Dieser Scanmodus kann für weitergehende Untersuchungen eingesetzt werden, wie beispielsweise von lokalen Aktivitätsverteilungen. Zusätzlich können die Nuklidverteilungen in Abhängigkeit von der Höhen- und horizontalen Translationsposition erstellt und hieraus Informationen bezüglich Homogenität der Aktivitätsverteilung und/oder vorhandener „Hot Spots“ abgeleitet werden.
Sektoren | 1 |
Segmente | M |
Schritte | K |
Spektren | M · K |